Die arroganten Städter, sie wissen genau Bescheid, was die Bewohner in der dörflichen Umgebung beschäftigt. Das dortige Leben wird tendenziell als uninteressant/ereignisarm abgewertet. Diese Form der Urbanen-Überheblichkeit wollen wir auf den Prüfstand stellen und nach den Qualitäten des Dorflebens fragen. Wie ticken die Menschen auf dem Dorf? Leben die Bewohner »hinter dem Mond« gleichsam in einem Tal der Ahnungslosen? Gibt es diese vermeintlichen gedanklichen Unterschiede heutzutage überhaupt noch? Macht Stadtluft auch heutzutage noch frei, oder ist mit der Abwanderung in die Städte nicht auch ein großer Verlust an sozialen Bindungen zu beklagen? Ist die dörfliche Atmosphäre ein Hort der Engstirnigkeit mit absoluter sozialer Kontrolle, oder ein soziales Netz mit durchlässigen liberalen Maschen. Sind Dörfer heute nur noch als Speckgürtel begehrt? Oder heißt es heutzutage aus ganz anderen Gründen wieder »Zurück aufs Land!«
Vor diesem Hintergrund wollen wir uns auf die Suche begeben, Erfahrung machen und das Dorfleben ausprobieren. Wir wollen sprechen, aber vor allem auch zusehen und zuhören: Was gibt es für Problemlagen? Wie ist die Verkehrsanbindung? Welche Einkaufsmöglichkeiten haben ältere Mitbewohner? Wie ist die kulturelle Versorgung auf dem Land geregelt? Wie funktioniert die Kommunikation? Was können Städter vom Land lernen?
Filme sollten nicht von der Welt ablenken, sie sollten auf die Welt hinweisen — im Besonderen gilt dies für den Dokumentarfilm. Einen Dokumentarfilm zu machen, bedeutet immer sich mit der Welt, um einen herum auseinanderzusetzen, es bedeutet jedoch auch sich ständig mit sich selbst auseinanderzusetzen — seinen eigenen Standort zu bestimmen und in Bezug zu setzen. Dies ist bei unserer Themenwahl, dem Blick auf den ländlichen Raum, eine entscheidende Voraussetzung.
Die gemeinsame Arbeit an einem Dokumentarfilm bedeutet Austausch. Das Diskutieren über Bilder, Themen, Eindrücke und Worte zeigt, wie vielfältig auf ein und dasselbe Material geschaut werden kann und wie komplex die Zusammenhänge sind. Ein gemeinsames Werk als Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist die gemeinsame Bestimmung eines Standpunktes, einer neuen Sicht auf die Welt und sich selbst.